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  • AutorenbildBergrettung OÖ

Ein Rückblick auf Bergrettungslegende Josef Moosbrugger, vlgo. ,Eismoar Sepp´

Wir alle haben die Geschichten und Anekdoten von Sepps Bergerlebnissen gerne gehört, wie zum Beispiel, dass er bei einer Ausbildung gefragt wurde, ob er denn kein guter Bergführer werden will? Er antwortete kurz: nein, aber ein alter!!! Beides hat sich mehr als erfüllt. Anlass genug um auf das ereignisreiche Leben vom Eismoar Sepp zurückzublicken.


Geboren wurde Josef Moosbrugger am 24.9.1932 am höchsten Bergbauernhof, am Michaelerberg, bei Haus im Ennstal, als elftes von zwölf Kindern. Der Schulweg nach Gröbming war hart: 5 Stunden hin und zurück mussten über einen Hohlweg bewältigt werden! Sepps Begeisterung zu den Bergen begann schon in der Schulzeit, beim Schafe suchen und ansalzen mit seinem Vater, in den Ausläufen des Dachsteingebiets. Bereits 1946 stand er, gemeinsam mit seiner Schwester, in kurzen Lederhosen und ziemlich durchfroren, mit 13 Jahren am Hohen Dachstein! Von da an ließ ihn dieser Berg nicht mehr los!


Erst 1953 hat Sepp mit dem Klettern begonnen – vorher ließen es die Umstände nicht zu. Heli Gehbauer hat Sepps Sehnsucht zu den Bergen und zur Kletterei erkannt und ihn zum Bergsteigen erzogen! Von Anbeginn war er an alpinen Routen rund um die Austria- bzw. Südwandhütte, an den Südabbrüchen von Torstein bis Dachstein, sowie im Gebiet von Türlspitz bis zu „seiner“ Luserwand unterwegs. Mit Bernhard Stücklschweiger hatte Sepp einen weiteren erfahrenen Kletterpartner, mit ihm gelangen ihm bereits in seinem ersten Kletterjahr Touren bis zum sechsten Schwierigkeitsgrad – zur damaligen Zeit die höchste Schwierigkeit, die es im Klettern gab! Aus diesem Grunde wurde Sepp Moosbrugger auch am 1.Oktober 1953 als Bergretter in die Ortsstelle Haus i.E. aufgenommen!


Sein größter Einsatz war dann bereits Ostern 1954 bei der Suche nach den Heilbronner-Kindern. Im dichten Nebel, bei Wind und Wetter kamen die Retter selbst an ihre Grenzen. Im Sommer 1955 nahm er am Einsatzleiterlehrgang der Bergrettung Steiermark im Dachsteingebiet teil - hier wurden alle Varianten der behelfs- und planmäßigen Bergung durchgeübt. Dabei wurden Moosbrugger drei Seilschaften für den Durchstieg des Steinerwegs anvertraut. Bereits nach 4 Stunden (!) standen sie alle am Gipfel.


Zahlreiche Erstbegehungen im Dachsteinmassiv, sowie die Erschließung der Luserwand, gehen auf Sepp Moosbrugger zurück, der in den 1950er- und 1960er-Jahren einer der erfolgreichsten Bergretter im Dachsteingebiet war!


Neben seinen Bergfahrten zum Großglockner, ins Gesäuse, oder nach Norwegen, nahm er an der zweiten österreichischen Grönlandexpedition teil. Um überhaupt mitfahren zu können, hatte Sepp sein Moped verkauft. Die An- und Abreise mit Schiffen war lang und mühsam. In Grönland selbst konnten die sechs Expeditionsteilnehmer - allesamt aus der Steiermark - einige schwierige Erstbegehungen machen, obwohl den Einheimischen die Fortbewegung mit den beiden Schlittenhundegespannen zu mühsam wurde. Sie ließen die Bergsteiger mit einem Schlitten und ohne Hunde zurück. Somit musste die Last durch Manneskraft fortbewegt werden, was die durchtrainierten Männer nicht davon abbrachte, nach einer Wegstrecke von mehr als 100km, ihre Kletterrouten in die noch jungfräulichen Bergformationen zu legen.


Sepp prahlte nie mit seinen Leistungen, obwohl er Grund genug dazu gehabt hätte, da die Leistungen, die er mit den damaligen Mitteln erbracht hatte, mit den heutigen nicht vergleichbar sind. Es gab keinen Klettergurt. Abgeseilt wurde im „Dülfersitz“, das heißt das Seil wurde nur um den Körper gelegt, die Reibung verhinderte den Absturz, sorgte jedoch zugleich für große Reibungshitze an Schulter, Hals und Oberschenkel. Auch Hubschrauber standen nicht zur Verfügung, so mussten die Toten und Verletzten mühsam terrestrisch geborgen werden. „Das hieß oft, sich mit einem 80 Kilo schweren Mann am Rücken über die Dachstein-Südwand abzuseilen.“


Neben Mut und Erfahrung, war das wichtigste die Kraft und Kondition. Wenn Sepp nach einem Kletterpartner Ausschau hielt, dann entschied er sich oft für den, der am meisten gegessen hatte! Mit solchen Kameraden konnte er 1958 die Dachstein-Südwand zweimal an einem Tag erklettern - erst um 15:00Uhr wurde das zweite Mal in den Steiner-Weg eingestiegen, Seilbahn für den Abstieg gab es natürlich noch keine!

Sepp erzählte auch von seiner „gesamten Überschreitung des Windlegergrats“. Dieser Grat führt auf den Gipfel des Torsteins, ist einer der längsten Grate der Ostalpen, hat über 50 (!) Seillängen, mehr als 2000hm und wird heute mit 10 Stunden Kletterzeit angegeben. Viele Sportkletterer sind schon an dieser alpinen Herausforderung gescheitert. Jedoch Moosbrugger stand 1958 mit seinem Kameraden Günther Stärker nach 3 ½ Stunden am Gipfel des Torsteins. „Gut in Form machten wir uns freudig wieder auf die Beine und erkletterten nun die gesamten Gipfel bis zur Hunerscharte: Mitterspitz, Dachstein, sowie das südliche und nördliche Dirndl, in einem Zug durch!“


Bekanntheit erlangte der gelernte Zimmerer und Bergführer mit der 1. Winterbegehung des Pichl-Weges in der Dachstein Südwand. Die großartige Bergfahrt endete nach 30 Stunden harten Kampf gegen den Schneesturm, einem Biwak in Eiseskälte, Klettern an der Sturzgrenze und schwerer Spurarbeit im hüfttiefen Neuschnee! Im Vordergrund standen bei Sepp immer Zufriedenheit, Dankbarkeit und Unaufdringlichkeit – eine gute Voraussetzung für viele weitere Erstbegehungen, sowohl im Winter als auch im Sommer.


1967 heiratete Sepp seine Fini und wechselte dadurch auf die andere Seite des Dachsteins, nach Bad Goisern. Drei zufällige Treffen brauchte es, bis die Beiden aufeinander aufmerksam wurden! 1966 hat er seine Bekanntschaft gleich zum Klettern in die Dachstein-Südwand mitgenommen - es war die erste Klettertour für Josefine Steiner. Sepp dachte sich „wenn sie es schafft, dann bleibt sie und wenn nicht, dann is si nix für mi…..“ Fini hatte die schwierige Klettertour ohne Angst gemeistert und Zeit ihres Lebens hat sie Sepp vertraut. Die Beiden durften viele schöne gemeinsame Bergfahrten auf ihrem gemeinsamen Lebensweg erleben!

In Bad Goisern angekommen, wurde ein Haus gebaut und Josef Moosbrugger trat dort gleich in den Bergrettungsdienst ein. In diesen, für die Ortsstelle schwierigen Zeiten, sorgte er für neuen Schwung und konnte junge Bergsteiger für den Bergrettungsdienst begeistern. Er übernahm aufgrund seiner Erfahrung den Ausbildungsleiter und Einsatzleiter für gesamt 26 Jahre!


Im November 1978 wurde in „seiner“ Luserwand der „Sepp-Moosbrugger-Weg“ eröffnet. Eine Tour, die an die zahlreichen Anstiege, die der Eismoar-Sepp als erster durchführen konnte, erinnert. Nur wenige Tage nach seinem 70. Geburtstag, im Oktober 2002, bekam Moosbrugger Josef eines der höchsten Auszeichnungen des Österreichischen Alpenvereins, das „Grüne Kreuz“ verliehen. Es ist ein Zeichen für mehrmalige, außerordentlich schwierige und mit Lebensgefahr verbundene, alpine Bergungen.

2014 folgte die Auszeichnung für 60 Jahre im Bergrettungsdienst. Damit ist Moosbrugger

einer der ältesten Bergretter - insgesamt war Sepp 68 Jahre seines Lebens bei

der Bergrettung! Im Dezember 2019 fanden in der Küche von Fini & Sepp Filmaufnahmen

für „Land der Berge“ statt, bei denen der Eismoar Sepp seine Bergsteigergeschichten zum

Besten gab!


Viele Bergsteiger sind immer wieder zu Sepp nach Goisern gekommen, um sich Tipps zu holen oder ihn zu bestimmten Routen zu befragen. Dabei holte er meist seine detailreich geführten Tourenbücher, die er genauestens mit Fotos und Zeitungsberichten dokumentiert hat, heraus. Mit einem seiner Sprüche wollen wir uns an unseren lieben Freund und Bergrettungskameraden erinnern: „Ewig stehen die Berge – Menschen kommen und gehen.“


August 2022, Bergrettung Bad Goisern


Dachstein Südwand – 1 Winterbegehung Pichlweg 31.1.-1.2.1959


Josef Moosbrugger:


„Vorbereitung war für mich immer wichtig!

Mit den Brüdern Hans und Fritz Hutegger und Blut Hubert hatte ich ausgezeichnete Bergsteiger und Seilgefährten gefunden. Unsere Ausrüstung bestand aus Lederschuhen, in denen wir unsere Strümpfe mit Zeitungspapier umwickelten, lange Unterhosen und Lodenkniehosen, Perlonseile, Gaskocher, Haken, Karabiner, zwölfzackige Steigeisen. Ich hatte schon als einziger eine französische Stirnlampe und einen französischen Daunenschlafsack – meine Teilnehmer hatten nur Biwaksäcke.


Um 4:00Uhr morgens starteten wir von der Austria-Hütte mit gutem Frühstück, welches von unserer Hüttenwirtin und Bergsteigermutter Kathi Reiter zubereitet wurde.

Bis zur Südwandhütte hatten wir eher gute Schneeverhältnisse – beim Abstieg an der Westseite versanken wir bis zur Hüfte im lockeren Neuschnee.


Nach vier Stunden Zustieg, begannen für mich die ersten zwei schwierigen Seillängen zu meistern, es musste immer wieder der Fels vom Schnee gesäubert werden, um Halt zu finden. Der Jausenplatz sowie die schwierigste Stelle – der Spreizschritt – waren im steilen Schnee nicht vorhanden und wir erreichten ohne Schwierigkeiten den Stand mit Haken.

Es war 17:00Uhr als wir unseren Biwakplatz einrichteten. Der Gaskocher summte, es gab Tee und eine kräftige Jause mit Speck. Ich lag mit Schuhen in meinem guten Daunenschlaf-sack, aber meine Gefährten froren jämmerlich!


Irgendwann in der Nacht bemerkte ich Schnee auf meinem Schlafsack – es stürmte und schneite!


7:00Uhr Tagwache! Der Gaskocher hat den Geist aufgegeben – es gab nur etwas Schokolade. Ich war voller Tatendrang und Zuversicht!

Gut gesichert begann ich mit dem Aufstieg. Die Wand im Pulverschnee, darunter Eis vom Vortag gefroren…. Langsam kletterte ich empor, immer an der Sturzgrenze. Haken anbringen war unmöglich. Keiner meiner Gefährten schaffte diese Seillänge mehr ohne Ausrutscher ins Seil. Bei starkem Sturm und Schneefall schafften wir Seillänge um Seillänge. Es waren nur am Standplatz Haken anzubringen. Ich nahm den Haken in den Mund um zum Hammer zu gelangen - er fror an meinen Lippen an („Scheiße!“). Von sauberem klettern war keine Rede mehr: Knie, Schulter, alle Reibungen ausnützend erreichte ich den Ausstieg.

Nun stand ein schwieriger Abstieg bevor: Lawinengefahr an der Ostseite Richtung Seethalerhütte und eine tiefverschneite Austriascharte, sowie schneereiche Hänge im Edelgries, erforderten abwechselnde Spurarbeit von uns Vier. Um 18:00Uhr in der Austriahütte zurück, hätte es noch ein Schnitzel gegeben – kein Bedarf mehr, wir waren einfach schon zu müde!!“









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